Einer unserer Gründungszeitgenossen, Friedrich Ludwig Schröder (1744 – 1816) schrieb:
„Die Freimaurerei soll etwas in Ihren Mitgliedern bewirken, was weder der Staat noch die Kirche bewirken kann, und was doch unerlässlich notwendig ist, um den Menschen in der Gesellschaft und im Staat moralisch zu vollenden“.
Die Freimaurerlogen sind eingetragene Vereine mit genehmigten Satzungen.
Freimaurer kann jeder Mann von gutem Ruf und guter Gesinnung werden, der an der Ausformung seiner eigenen Persönlichkeit arbeiten möchte. Die Freimaurerloge ist somit eine Vereinigung Gleichgesinnter von unterschiedlicher Herkunft, Ausbildung und Weltanschauung.
Auf ethischer Grundlage verpflichten diese sich, sich nach Kräften um die Verwirklichung der Menschenrechte und der Menschenwürde zu bemühen.
Konkret heisst das: Mehr Menschlichkeit zu üben, mehr Geduld füreinander aufzubringen und mehr Achtung voreinander zu haben.
„Freimaurerei ist kein philosophisches System sondern ein Verhaltensmuster für eine menschliche Gesellschaft. Ihre gedankliche Basis,das maurerische Menschenbild, nimmt im europäischen Denken eine Sonderstellung ein.“
Alle philosophischen Systeme und Religionen grenzen sich gegeneinander ab, betonen die Gegensätze und trennen so ihre Mitwelt in Gegner und Proselyten. Anders das maurerische Denken, es ist verbindend, integrierend. Für die Freimaurer ist ein höchstes Wesen Grund und Grundlage seiner sittlichen Verantwortung. Aber es wird nur unter einer symbolischen Bezeichnung verehrt und angerufen; es gibt keine Aussagen über sein wirken. Es bleibt jedem Einzelnen überlassen, den Freiraum auszufüllen mit den Vorstellungen seines Bekenntnisses oder seiner philosophischen Überzeugung. So wird die Freimaurerei zu einer weltanschaulichen Basis gerade für den modernen Menschen.
Auch gegenüber der modernen positivistischen Naturwissenschaft und Technik nimmt das maurerische Denken keine Entweder-oder-Position ein. Beide sind zwar unverzichtbar, dürfen jedoch nicht wert- und verantwortungsfrei ihre Eigendynamik entwickeln. Die Freimaurerei entwickelt die ethischen Normen, welche Wissenschaft und Technik erst zu Werkzeugen des Menschen statt zu einer Gefahr für seine menschlichkeit werden lassen. Sie versucht das wissenschaftliche Denken und Handeln mit der humanistischen Tradition des Abendlandes wieder in Einklang zu bringen.
Mit der freiheitlichen staatlichen Gemeinschaft hat sich das freimaurerische Denken von jeher ebenso identifiziert, wie es sich mit jeder Form des totalitären Anspruches als unverträglich erwiesen hat. Die Maurerei ist eine der historischen Wurzeln des freiheitlich- demokratischen Staates und ihre Prinzipien der Toleranz und Büderlichkeit die geistige Grundlage jeder pluralistischen Gesellschaft.
Diese Basis der Toleranz und Brüderlichkeit, die im maurischen philosophischen Menschebild ihren Ausdruck findet,macht die 275 Jahre alte Freimaurerei zu einer der wichtigsten modernen
geistigen Bewegungen.
Verfasst von Walter Hess Zürich 1989